Schilthorn Inferno Halbmarathon

Am Samstag vergangener Woche war es dann endlich so weit. Der Saisonhöhepunkt stand an: Schilthorn Inferno Halbmarathon in Lauterbrunnen/ Schweiz. Was bei Nicht-Bergläufern allenfalls Schulterzucken auslöst, verleitet Kenner der Szene zu einem anerkennenden Kopfnicken. Wer selbst schon einmal daran teilgenommen hat, dessen Mimik mag vielleicht auch ein kurzes schmerzverzerrtes Zucken erkennen lassen, abhängig davon, wie er die 21 km mit 2175 Höhenmetern und dem Zieleinlauf auf 2970 m ü. NN in Erinnerung hat.
Nach mehreren Halbmarathons in der ersten Saisonhälfte und einigen Vorbereitungsläufen im Pfälzer Wald zum Höhenmeter sammeln machte ich mich dann also freitags auf den Weg ins Berner Oberland. Noch war das Wetter gut und das berühmte Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau schon von der Autobahn Richtung Bern aus der Ferne erkennbar. Das sollte sich jedoch bald ändern und bereits am Abend begann es, in Strömen zu regnen. Die Wettervorhersage für den nächsten Morgen war wechselhaft und noch hatte ich die Hoffnung auf einen trockenen Lauf nicht aufgegeben. Am Samstag Morgen hatte es dann auch tatsächlich wieder aufgehört zu regnen und durch die Wolkendecke ließ sich sogar ein Ansatz von blauem Himmel erkennen.
Also konnte ich trockenen Fußes die Startnummer abholen und mich zum Startareal auf dem Campingplatz in Lauterbrunnen begeben. Der Start erfolgte pünktlich – wie sollte es in der Schweiz auch anders sein – um 10.15 Uhr und los ging das Rennen. Zunächst mehr oder weniger flach gut einen Kilometer durch den Ort und dann auf einer Teer- und später Schotterstraße konstant mit ca. 10% steigend bis km 6 durch den Wald. Das Anfangstempo war relativ moderat. Es schien hier allen Beteilgten klar zu sein, dass man diesen Lauf auf den ersten Metern nicht gewinnen kann. Was leider nicht für alle Bergläufe gilt, wo vielfach schon zu Beginn unnötige Hektik erzeugt wird.
Zu Beginn waren wir eine Gruppe von 5 Läufern. Bei km 5 habe ich das Tempo dann etwas erhöht, um mögichst vorne in der Gruppe in den schmalen Wurzelpfad einzubiegen, der hinauf zur Grütschalp führt. Daraufhin fiel ein Teil der Gruppe zurück und Werner Marti aus Grindelwald war von dort an mein einziger Verfolger. Bei der Grütschalp ist dann etwa ein Drittel der Renndistanz geschafft und es geht von dort an fast flach mit einigen kleinen Wellen entlang der Zugstrecke nach Mürren. Bei schönem Wetter hat man hier einen fantastischen Ausblick auf die Eisriesen der Berner Gebirgswelt, heute konnte man sich aber ganz auf die Laufstrecke konzentrieren. Nach einer Dorfrunde durch Mürren erreichten wir gemeinsam km 13 nach knapp einer Stunde. Hier beginnt nun der eigentliche Berglauf. Es sind etwa 1300 Hm auf 8 km zu bewältigen. Los geht es dabei mit einem steilen Wiesenhang. Hier macht es sich bezahlt, wenn man es auf dem Weg nach Mürren einfach hat rollen lassen. Denn wer hier schon merkt, dass er auf dem ersten Streckenteil überzogen hat, für den wird der Lauf noch ziemlich lang. Am Ortsausgang von Mürren gelingt es mir dann auch, mich von Werner Marti abzusetzen. Nach der Verpflegungsstelle an der Höhenlücke kann man dann auch schon erkennen, was einen als Nächstes erwartet. Nämlich das sog. „Kanonenrohr“, ein extrem steiler Streckenabschnitt, der auf 2 km über 500 Hm überwindet und im Winter Teil der legendären Inferno-Skiabfahrt ist. Spätestens hier ist dann auch der schnelle Gehschritt gefragt, zumal der geschotterte Untergrund auch ziemlich tief ist. Nach dem steilsten Stück, das zum Glück mit Betonplatten belegt ist, folgt nochmals eine Verpflegungsstelle und man verschwindet erstmal im Nebel. Das Gelände lehnt sich nun etwas zurück und nach der Schilthornhütte bei km 17 folgt sogar ein kurzes Bergabstück. Man durchquert eine weitläufige Gelänemulde mit einem Bach und erkennt nun über sich bereits die Bergbahnstation Birg, die bei ganz schlechtem Wetter als Ausweichziel gedient hätte. Doch das Wetter ist uns heute wohl gesonnen und es bleibt trocken. Nach einem kurzen Zwischenanstieg leitet ein letztes Flachstück zum finalen Anstieg. Und der hat es nochmal in sich, zumal ich dann auch langsam die Höhe merke. Mehr gehend als laufend geht es nun in Richtung Ziel, das aus der Ferne in Person des Streckensprechers schon hör-, durch den Nebel aber noch nicht sichtbar ist. Doch etwa 400 m vor dem Ziel taucht auch die markante Gestalt des Drehrestaurants Piz Gloria, bekannt geworden durch den James-Bond-Film „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“, aus dem Nebel auf. Noch ein letztes Stück über eine etwas ausgesetzte Gratpassage und schließlich die finale Treppe erklimmend – den Handlauf in Form von zwei Seilen nehme ich gerne zum Hochziehen in Anspruch – erreiche ich das Ziel nach 2:04:47 h als Sieger mit knapp drei Minuten Vorsprung.
Dank der guten Zielverpflegung ist auch die erste Erschöpfung – Strecke und Höhe haben doch ganz schön Tribut gefordert – schnell überstanden. Nur der Himmel will uns heute einfach keinen Blick auf die umliegenden Berge gönnen. Aber so gibt es eben neben dem Lauf selbst und der tadellosen Organisation einfach noch einen Grund mehr, wieder nach Lauterbrunnen zum Schilthorn Inferno Halbmarathon zu kommen.

 

Beim Durchlauf in Mürren
Zieleinlauf auf dem Schilthorn

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