Eine Deutsche Meisterschaft ist immer etwas ganz besonderes. Man hat das einzigartige Gefühl sich mit den Besten der Besten messen zu können und bekommt erstmal so richtig einen Eindruck was Spitzenklasse bedeutet. Das heißt allerdings nicht, dass alles wie selbstverständlich läuft. Während Michael Glöser einmal mehr eindrucksvoll seine aufsteigende Form unter Beweis stellte, verfehlte ich mein gestecktes Ziel klar.
Sonntag, 3. September, 7:53 Uhr: Michael fährt bei uns vor und wir machen uns auf den Weg ins 150 km entfernte Bad Liebenzell, um eines unserer Saisonhighlights unter die Füße zu nehmen – die deutsche Meisterschaft im 10 km Straßenlauf. Nach 1:45h kommen wir an und bekommen gleich den ersten Eindruck von der Strecke, es handelt sich um einen 2,5 km langen Rundkurs, der an einem Fluss entlang führt. Topfeben ist der Kurs nicht, doch durch das lange sanfte Gefälle auf der einen Seite scheint sie dennoch durchaus schnell zu sein. Ein kleines Hindernis ist in Form eines 200m langen Hügels direkt vor dem Start zu überwinden, sodass man auf etwa 40 Hm für die Gesamtstrecke kommt.
Wie vor jedem Lauf spulen wir das selbe Programm ab: 2,5 km Einlaufen (dazu ist die Runde schließlich optimal 😉 ), etwas Lauf-ABC und ein paar Steigerungen dürfen neben dem obligatorischen Toilettengang natürlich nicht fehlen.
Um 11:15 Uhr fällt mein Startschuss, schon hinter der Startlinie in der 3. Reihe erkenne ich, dass das ein ziemliches Gedränge geben würde, wenn die wilde Meute auf Zeitenjagd geht. Das Feld setzt sich im gefühlten Vollsprint in Bewegung und hinter mir stürzt ein Läufer aus Karlsruhe, das war irgendwie zu erwarten, doch ich komme bis auf ein paar Ellenbogenhiebe unbeschadet durch die erste Kurve und orientiere mich. 20 m vor mir sehe ich Frederik Unewisse und erinnere mich an Rheinzabern aus dem vergangenen Jahr, wo er mich schon einmal zu einer Bestzeit gezogen hatte. Ich hefte mich an seine Fersen und wir passieren etwa an Position 30 den ersten Kilometer. 2:57 – das ist ganz schön flott, aber ich beiße die Zähne zusammen und versuche die Gruppe zu halten, ein fataler Fehler, wie sich im Nachhinein herausstellte. Schon bei km 2 merke ich, dass es zu hart werden würde. Die Uhr zeigt exakt 6 Minuten und ich entschließe mich etwas Fahrt herauszunehmen, um das ganze am Ende auch durchzustehen, doch schon bei km 5 spüre ich allerdings schmerzlich ich, dass diese Reaktion wohl etwas zu spät kam. Mein Stehvermögen, das in den letzten Wochen aufgrund intensiven Tempotrainings schon etwas in Mitleidenschaft gezogen war, stellte sich an diesem Tag als quasi nicht vorhanden heraus. Mit jedem Kilometer werde ich etwas langsamer und bei 6km in 18:38 sehe ich spätestens, dass es unmöglich sein würde, eine neue Bestleistung zu erreichen. Auf einmal höre ich hinter mir wieder Schritte und blicke mich kurz um: es ist die nächste größere Gruppe, ich versuche mich noch einmal anzuheften, doch auch das gelingt mir nicht, sodass ich nur einen Mitläufer aus der Vulkaneifel bei mir behalte, der ebenfalls schwer am kämpfen ist. Gegenseitig pushen wir uns Richtung Ziel und wechseln uns mit der Führungsarbeit ab, um zumindest noch eine sub 32 zu erreichen. Und es gelingt, mit 31:53 min erreiche ich exakt die selbe Zeit wie bei der Pfalzmeisterschaft vor einer Woche. Keine komplette Katastrophe, doch etwas enttäuscht bin ich aufgrund der deutlich besseren Bedingungen schon. Nun heißt es, das Ergebnis abzuhaken und nach der Regeneration mit voller Motivation in die Vorbereitung auf die noch anstehenden Wettkämpfe in Herbst und Winter durchzustarten.
Um 12:15 Uhr beginnt Michael seinen Wettkampf. Er hatte sich schon am Start taktisch klug positioniert und konnte sich so aus den schlimmsten Gefechten heraushalten. Doch auch bei ihm zeigt der erste Kilometer mit 3:48 einen sehr flotten Anfang. Ich befürchte schon, dass er den selben Fehler wie ich begehen könnte, aber Michael fand schnell seinen Rhythmus und schon bei Halbzeit konnte er sich sicher sein, seine schon sehr gute Zeit aus Herxheim nochmals deutlich zu unterbieten. Sein Ziel lautete vorneweg unter 42 min zu bleiben, doch auch das erreichte er mit großem Kampfgeist mehr als deutlich. Mit einem starken Schlussspurt überquerte er die Ziellinie in persönlicher Saisonbestleistung von 41:11 min. Nach den vielen schwierigen Trainingswochen im Sommer, nähert er sich auch mit Siebenmeilenstiefeln seinem Saisonziel von einer Zeit unter 40 min. Und wir drücken ihm natürlich alle fest die Daumen, dass er es schafft, dies in die Tat umzusetzen. Er plant noch einige Starts in den nächsten Monaten und zieht auch den Adventlauf in Saarbrücken oder den 10km Lauf bei der Winterlaufserie in Rheinzabern in Betracht, beides Wettkämpfe, die durchaus nochmal für bestenlistenfähige Spitzenzeiten taugen.
Leider waren in diesem Jahr nur zwei Athleten aus Heltersberg am Start, sodass wir es nicht in die Mannschaftswertung schafften, doch möglicherweise bekommt ja im nächsten Jahr der ein oder andere noch einmal Lust, ein solches Topevent auch einmal auszuprobieren und repräsentiert unsere Mannschaft auf nationaler Ebene. Denn auch, wenn es natürlich für die ganz vorderen Plätze nicht gereicht hat, gilt neben dem olympischen Gedanken „Dabeisein ist alles“ auch das Credo „die besten Leistungen kann man nur mit den besten Gegnern abrufen“.