Der Knabe im Moor – eine Analogie zu den Rheinland-Pfalz-Crosslaufmeisterschaften

Wer Anette von Droste-Hülshoff mag, der wird sicherlich auch seine helle Freude am Kurs der diesjährigen RLP Cross in Laubach gehabt haben. Für alle, die – wie ich – der deutschen Literatur weit weniger zugetan sind als die Poeten unter uns, sei die genannte Ballade einmal zitiert:

O, schaurig ist’s, übers Moor zu gehn…

Ein Moor, genau das war es, was man an der Strecke vorfand, denn die Wiesenwege der 1,8 km langen Runde Nahe eines kleinen Bachs waren derart aufgeweicht, dass man sich wie die Ferkelchen im Schlamm fühlen musste, während man knietief im Morast herumstapfte. Durch die vielen Starter auf den Meisterschaftsstrecken war das Geläuf, anders kann man diesen Kurs nicht bezeichnen, so tief, dass man sich nur mit Mühe auf den Beinen halten konnte. Hinzu kam das noch nicht sehr leichte Profil mit stattlichen 22 Hm pro Runde und ein eisiger Nordwind, der neben Regen auch den ein oder anderen Hagelschauer brachte und so zur Gesamtatmosphäre sein Nötiges beitrug.

Während schon die meisten Mittelstrecken-Läufer zum Ende ihrer Runden böse für das hohe Anfangstempo bezahlen mussten, so war bei den Langstrecklern von Beginn an klar: heute gewinnt nur, wer sich das Rennen optimal einteilt.
Natascha Hartl lief ungefährdet zu ihrer neuerlichen Titelverteidigung bei den Frauen und distanzierte den Rest des Feldes auf den 4 Runden, bzw. 7240 m deutlich. Sie war mit ihrem Rennen sehr zufrieden und resümierte, dass der Kurs ihren Anforderungen – Kraftintensiv und kein lockeres „Rumgehüpfe“ – genau entsprach.
Auch ich war als Titelverteidiger angereist, doch wen ich mir als Widersacher ausgesucht hatte, der war nicht von schlechten Eltern, kein geringerer als Samuel Fitwi (10 km in 28:11, gelaufen dieses Jahr in Valencia), hatte sich die RLP Meisterschaft als Aufgalopp zum Titelangriff bei der DM nächste Woche vorgenommen. Ein kleiner Trost blieb mir, denn er hatte sich auch die Mittelstrecke zuvor als Rennen gesetzt und so spekulierte ich auf ein mögliches Defizit an Stehvermögen auf den schwierigen Runden.

Umso überraschter war ich, als ich nach dem Start doch sehr gut mithalten konnte. Für den Untergrund war das Tempo mit 3:29/km dennoch erstaunlich hoch. Runde um Runde verstrichen und mal zog Fitwi an mir vorbei, dann wieder ich an ihm und so ging es Kopf an Kopf in die Schlussrunde. Mit einem beherzten Antritt am vorletzten Anstieg suchte der gebürtige Eritreer die Entscheidung und konnte mich einige Meter distanzieren, sodass wir mit 31:40 und 31:43 über 9,05 km das Ziel erreichten. Enttäuscht über die misslungene Titelverteidigung? Das war ich sicher nicht, sondern konnte mich an meinem guten Rennen freuen und daran, dass ich einem Mann der absoluten deutschen und europäischen Spitzenklasse zumindest einen harten Fight liefern konnte. Weiter geht es nun am kommenden Wochenende beim Mathaisemarktlauf in Schriesheim.

 


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